Was macht man auf einer mehrstündigen Zugfahrt, nachdem man sich von der Verspätung und der rummeligen Waggon- und Sitzplatzsuche (W26, S23, NR, KL2) wieder abgeregt hat? Klar, aus dem Fenster glotzen (Bahn-TV). Oder: Sudoku! Hab ich ewig nicht mehr gemacht, aber kurz vor der Abreise hab ich zu Hause nochmal schnell ne alte 11Freunde und ein noch älteres Rätselheft aus der heimischen Grabbelkiste gefischt. Also, den Kuli raus und rein ins Vergnügen. Als unterdurchschnittlich begabter Zahlenmensch aber überdurchschnittlich Begabter in Selbstüberschätzung wähle ich natürlich nicht die einfache, sondern direkt die mittelschwere Variante. Obwohl ich mir zugegeben erstmal das Regelwerk in Erinnerung rufen musste. Da sich am ersten Rätsel in dieser Rubrik schon einmal jemand vergeblich versucht hat, was die vielen durchgestrichenen Zahlen beweisen, nehme ich das Zweite. Die Schrift des ersten Rätsels kam mir verdächtig bekannt vor.

Vor mir befinden sich in einem großen Quadrat 9 kleinere Quadrate, in denen sich 9 noch kleinere Quadrate befinden, in denen in einigen von ihnen sich die Zahlen von 1 bis 9 in einer willkürlichen Verteilung befinden. Ich erinnere mich an das Ziel des Rätsels. So, was war nochmal Ziel des Spiels? Alles muss voll: Jedes einzelne der 9 mittleren Quadrate muss am Ende die Zahlen von 1 bis 9 enthalten. Dummerweise müssen auch alle senkrechten und horizontalen Reihen (ja, es sind jeweils 9) mit diesen Zahlen einmalig befüllt werden. Kann ja wohl nicht so schwer sein. Das einfache Ausschlussprinzip.

Sollte machbar sein

Eine geschlagene Stunde später und ein Bundesland weiter konnte ich erste Teilerfolge verbuchen. Drei befüllte 9er (okay, da standen auch schon die meisten drin) und zwei Reihen war meine Ausbeute. Aber irgendwie saß ich fest. Feld unten Mitte, Kästchen unten rechts, das muss doch ne 2 sein, weil wenn … ne, is nich, die kann auch zwei Kästchen drüber stehen. Oder Feld unten rechts… ha! Die 4 muss dahin. Safe. Nix safe, die könnte auch zwei Kästchen drüber drin stehen. Durchstreichen. 999,99 Optionen im Quadrat der Qualen später setzt sich ein Fahrgast – männlich Mitte 30, unrasiert, Typ ewiger Student – neben mich. Ganz ungeniert begann er im Geiste mit zu sudoken. “Ey, oben rechts ne sieben, daneben die 6, weil die in den anderen Reihen schon steht”, höre ich ihn schon klugscheißen. Da der psychische Druck von Minute zu Minute stärker wächst, ich aber keine korrekte Zahl in Aussicht habe, täusche ich spontan Müdigkeit vor, stelle mich schlafend und lasse das Heft umgedreht in den Schoß sinken. Eine typische Abwehrreaktion, die oft auch im Tierreich als Überlebensstrategie angewendet wird. Hinter Emden wieder aufgewacht wird`s mir dann zu blöd und ich trage in 30 bis 60 Sekunden Abständen irgendwelche Zahlen ein, begleitet von einem leisen “ach ja” oder “ logisch”, wende das Heft dabei aber stark angewinkelt ab, was die Gegenprobe des Nachbarn unmöglich macht. Leicht enttäuscht zückt er sein Handy und daddelt was. Geht doch. Hauptsache die Ehre der Logik vor einem Wildfremden gerettet, Hannes. Gut auf Kosten der Selbstachtung und eines Rätselhefts, das später um eine Seite ärmer wurde.

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