Folkwang Museum, Essen
Der große Joan Miro, einer der bedeutendsten Künstler der Moderne, spanische Ikone, Influencer des Fauvismus, Dadaismus, Kubismus und Surrealismus, ist ein oller Schmierfink. Seine aus welchem Drogenrausch auch immer geborenen Kritzeleien aus undefinierbaren Strichen, Flächen, Formen und Farben hängen gefühlt in jedem zweiten Büroflur oder Wartezimmer. Günstig im Baumarkt um die Ecke geschossen, als Set mit passendem hellblauem Kunststoffrahmen, igitt. Wartenden wird die Zeit damit qualvoll verlängert, Kolleginnen und Kollegen huschen mit gesenktem Kopf ins nächste Büro. Ist das Kunst oder kann das weg? Ich habe die Antwort im Essener Folkwang Museum gefunden. Einem kreativen Impuls folgend, besuchte ich die Ausstellung “Made in Paris” und war gespannt auf Werke von Marc Chagall, Edvard Munch, Pablo Picasso und Co., die in Paris im letzten Jahrhundert ordentlich Gas gegeben haben. Es war auch wirklich beeindruckend, wie Bilder in aller Ruhe auf einen wirken können. Ja, Kunst macht was mit einem, wenn man sich drauf einlässt. Und dann kam der Raum “Joan Miro”.
Hannes, da musste jetzt mal durch
Es gebührt der Ehre des Künstlers, sich seinem Lebenswerk wenigstens ein paar Minuten zu widmen. Umgeben von ernst dreinblickenden Oberstudienräten stieß ich auf das Bild “Landschaften”, etwas abseits, in einem unscheinbaren Winkel des Raums. Und da hat es plötzlich Zoom gemacht. Keine Ahnung warum, aber diese undefinierbare Komposition aus Kontrasten, intensiven Flächen, kleinen Details, harten Formen und weichen Linien hat mich voll erwischt. Minutenlang versuchte ich, irgendeine Landschaft darin oder irgendeinen tieferen Sinn zu erkennen, vergeblich. Was aber viel interessanter war, ich habe mich mit etwas auseinandergesetzt, was ich nicht verstand und verstand dann, dass das völlig unwichtig war. Es fühlte sich einfach nur gut an. Verloren und gebannt, fasziniert und überrascht, immer Neues entdeckend, Bewegung, Energie und Widerspruch, wurde dieses Bild mein Highlight des Tages. Learning: Hannes, vergiss mal deine Vorurteile und bleib unvoreingenommen. Gut, das Meiste von Miro bleibt in meiner Baumarkt-Schublade und wenn mich einer nach einem tollen Maler fragt, wird die Antwort Edward Hopper sein. Und danach vielleicht Joan Miro, wenigstens für dieses eine merkwürdig großartige Werk.