Bischof von Canterbury

Am 29. Dezember 1170 wird Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury durch vier Ritter des Königs von England, Heinrich II., in seiner Kathedrale brutal ermordet. An der Stelle, wo die Tat geschah, ist in den steinernen Boden des Gotteshauses mit schauriger Schrift der Name „Thomas“ eingelassen worden. Wenn man, wie ich, sehr an Geschichte interessiert ist und an dieser Stelle steht, ist das sehr ergreifend. Ein starkes Gefühl von Bedeutsamkeit und Historie breitet sich aus, das einen so schnell nicht loslässt.

Doch, tut es.

Warum in Gottes Namen, kann ich mir dann diesen Namen nicht merken? Jedes Mal, wenn ich daran denke (ja, das kommt schon hin und wieder vor) fällt mir der Name nicht ein. Einfach weg. Wobei doch die Forschung immer wieder beweist, dass emotionale Ereignisse sich besonders tief im Gedächtnis eingraben. Trotzdem … Thomas ist weg, wenn´s drauf ankommt. Zum Beispiel beim Partywissen für Angeber oder bei Quizzen mit anderen. Man kann sich das Hirn zermürben wie man will, vielleicht hat man den Anfangsbuchstaben safe, also das K – oder doch das G?  – aber der Rest wurde von irgendeiner defekten Synapse vernebelt.

Er kommt wieder.

Interessanterweise taucht der Bischof von Canterbury immer dann mit voller Wucht wieder auf, wenn man ihn nicht absolut braucht. Im Wartezimmer beim Arzt letztens schoss er mir aus dem Nichts durch den Kopf und vor lauter Erleichterung hätt‘ ich´s fast gerade rausgerufen: „Jau Mann, verdammte Hacke THOMAS VON CANTERBURY, endlich!“ Frag mich nicht, welcher Auslöser ihn aus der Finsternis des Vergessens wieder ans Tageslicht katapultiert hat, jedenfalls konnte ich den Ruf unterdrücken. Hätte aber trotzdem gerne die entgeisterten Gesichter der Mutter und ihrer beiden Kinder gegenüber von mir gesehen.

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