50 Cent

Wie viel muss etwas wert sein, damit man sich danach bückt? Da liegt neulich im Supermarkt ein herrenloses Geldstück auf dem Boden. Seitlich der kurzen Schlange an Kasse 3, still und heimlich auf der Zahl-Seite, neben dem Regal mit der Quengelware. Es sollte nicht lange unentdeckt bleiben, denn neben mir haben sowohl die leicht aufgetakelte Dame vor mir als auch der Herr in der Nachbarschlange an Kasse 2 schon heimlich ein Auge auf die Münze geworfen, was durch die verstohlenen Blicke und dem leicht nervösen Trippeln eindeutig erkennbar wurde. Wohl auch deshalb, weil ich mich zugegeben genauso verhielt.

So, und schon ist der Dreikampf voll im Gange. Wer wird gleich um 50 Cent reicher sein? Noch ist Zeit, noch ist der Fund in Reichweite. Gleich, wenn die Kassiererin die Warenmengen des älteren Ehepaars abgescannt und sie bezahlt haben, werden wir alle unwillkürlich um eine Position aufrutschen. Die Zeit ist also auf meiner Seite, denn wenn die Helga vor mir dran ist, muss sie ihren Krempel auf´s Band legen, löhnen und ist raus. Aber Achtung, die Kids direkt hinter mir kommen der Sache dann auch näher, neue Konkurrenz! Ah, doch nicht – Entwarnung – die beiden faseln sich mit irgendeinem Teenie-Content zu und sind voll auf sich selbst fixiert.

Diebstahl oder nicht?

“Macht Sechsnfuffzich-dreizehn”, schallt es von Kasse 3 rüber. Alle zwei Schritte vor. Jetzt fehlt nur noch ein guter Meter fünfzig zum kleinen Glück. Der Herr in der Nachbarschlange ist ebenfalls aus dem Rennen, sucht gerade fieberhaft seine Plastikkarte im Portmonee. Also handeln. Jetzt. Entweder einfach einen schnellen Schritt nach links, bücken und unauffällig zugreifen oder den alten Trick anwenden, indem man mit einem Fuß drauftritt, sich scheinbar die Schuhe zu bindet und “schwupp”.

Während ich die Optionen abwäge, höre ich eine freudige Kinderstimme: “Oh, Mama, schau mal, 50 Cent!” Und einen Augenblick später hat sich die kecke Kleine den Fuffi geschnappt und als zusätzliches Taschengeld verbucht. Niederlage auf ganzer Linie. Verschmerzbar, ja, aber dennoch eine Niederlage trotz ausgiebiger Vorbereitung. Hannes, was lernst du daraus? Nicht so viel denken, mehr machen, wie die Kinder eben. Aber warum hat man so dumm rumgegrübelt? Weil man vielleicht etwas zu stolz ist, für einen kleinen Wert vor fremden Menschen in die Knie zu gehen. Bescheuert. Da das Geldstück unter 10 € wert ist, ist das Mädchen laut BGB §965-984 übrigens rechtmäßige Eigentümerin geworden. Wär das auch geklärt.

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